Heinz Erhardt wird 1909 in Riga geboren und zwar, wie er gerne sagte, zweimal; am 07. Februar nach russischer und am 20. Februar nach hiesiger Zeitrechnung.
„Im Datum, das muss man den Russen lassen, waren sie uns entschieden voraus!“
Seine Mutter Alice Neldner und sein Vater Gustav Erhardt trennen sich kurz nach der Geburt ihres Sohnes.
Gustav Erhardt tourt als Kapellmeister durch die Städte des Deutschen Kaiserreichs; seine Mutter zieht ins damalige Petrograd (später Leningrad, heute St. Petersburg).
Heinz Erhardt wächst bei Paul und Henriette Neldner auf, seinen Großeltern mütterlicherseits. Die Familie gehört zur Minderheit der sogenannten Baltendeutschen. Sein Großvater besitzt ein Musikgeschäft in Riga.
Seine Eltern „entführen“ den kleinen Heinz in den ersten Lebensjahren ständig, in der Regel, um Heinz den neuen Lebenspartnern der Eltern vorzustellen.
Alice Neldner heiratet und holte 1916 ihren Sohn zu sich nach Petrograd. Doch schon nach kurzer Zeit geht es wieder zurück nach Riga, wo Heinz Erhardt schließlich eingeschult wird.
Von 1919 bis 1924 lebt Heinz Erhardt bei seinem Vater in Osnabrück und in Hannover. Er fühlt sich in dieser Zeit nie richtig wohl, auch weil er mit seiner Stiefmutter nicht gut zurecht kommt, die nur neun Jahre älter ist, als er. Mit 15 Jahren kehrt er nach Riga zurück.
Im Musikgeschäft seines Großvaters soll Heinz Erhardt mithelfen. Statt Instrumente zu verkaufen, spielt er jedoch selber auf diesen. Sehr zum Ärgernis seines Großvaters.
Mit 20 Jahren taucht Heinz Erhardt trotz seiner Schüchternheit ins gesellschaftliche und kulturelle Leben Rigas ein. Erste Auftritte folgen in den bei den Baltendeutschen beliebten Kaffeehäusern „Schwarz“ und „Reiner“.
Im Frühjahr 1934 trifft Heinz Erhardt die Liebe seines Lebens, sein „Zipchen“. Gilda Zanetti (1913-1987) ist die Tochter des italienischen Konsuls in St. Petersburg und an jenem Tag im gleichen Fahrstuhl unterwegs. Nachdem die beiden in der untersten Etage des Hauses in den Fahrstuhl eingestiegen sind, fasst er sich ein Herz und spricht sie mit den Worten an: „Wollen Sie auch nach oben?“
Heinz Erhardt und Gilda Zanetti bekommen vier Kinder; Grit (1936-2016), Verena (*1940), Gero (*1943) und Marita (*1944).
Im September 1939 beginnt mit dem Überfall Deutschlands auf Polen der Zweite Weltkrieg. Auch Heinz Erhardt erhält seinen Gestellungsbefehl und wird eingezogen, jedoch bleibt ihm ein Einsatz an der Front erspart.
Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt Heinz Erhardt für den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) zu arbeiten. Er möchte sich mit seiner Familie in Hamburg niederlassen, doch der Wohnraum ist durch die Kriegshandlungen begrenzt. Vermieter werden dazu verpflichtet, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die Erhardts kommen bei der Familie Struwe unter. Herr Struwe ist überhaupt nicht davon begeistert, dass er seinen Wohnraum teilen muss. Es dauert nicht lang, bis die ersten Streitigkeiten beginnen. Heinz Erhardt ist klar, hier müssen wir schnell wieder raus.
In der Straßenbahn bekommt Heinz Erhardt ein Gespräch zweier Passanten mit. Der eine möchte mit seiner Familie nach Amerika auswandern und sucht einen Mieter für sein Haus. Daraufhin dreht sich Heinz Erhardt um, tippt dem Herren auf die Schulter und sagt: „Hier bin ich.“
Im Fasanenhain 9 im Stadtteil Wellingsbüttel finden die Erhardts dauerhaft ihre neue Heimat. Von Juli 1948 bis 1952 wohnen sie hier zur Miete; dann erwerben sie die Immobilie.
In den folgenden Jahren macht sich Heinz Erhardt bundesweit mit den „Bunten Abenden“ einen Namen. Das Konzept solcher Veranstaltungen war ein Mix aus Gesangs-, Musik- und Tanzeinlagen, Sketchen und Stand-Up.
Mit Der müde Theodor ist Heinz Erhardt dann 1957 im Filmgeschäft angekommen. Wenn auch immer ein wenig wider Willen. Seine Bühnenauftritte und Conferencen liegen ihm immer ein Stück mehr, da er die persönliche Interaktion und das unmittelbare Feedback seiner Zuschauer braucht. Mit den Kino-, und später den Fernsehproduktionen steht er dagegen immer etwas auf Kriegsfuß. In seine Tagebücher schreibt er nach Ende der Dreharbeiten oft sinngemäß Sätze wie „Was haben wir da bloß nur wieder für einen Schwachsinn gedreht…“.
Im September 1957 feiert der Film Witwer mit fünf Töchtern Premiere. Mit diesem Film gelingt Heinz Erhardt der große Durchbruch im Filmgeschäft. Gleichzeitig etabliert sich der Typus, auf den Heinz Erhardt für den Rest seines Lebens gebucht sein sollte: Der treue, gutmütige, etwas schusselige „Onkel von nebenan“.
1960 gründet Heinz Erhardt die Firma „Heinz Erhardt Produktion“, die unter anderem Werbefilme produziert. Unter dieser Produktionsfirma entstehen Anfang der 1960er mehrere kleine Kurzfilme (ca. 40 Minuten), mit Heinz Erhardt in der Hauptrolle.
Ab Mitte der 1960er wirkt Heinz Erhardt in mehreren Kino- und Fernsehproduktionen mit, ohne jedoch eine der Hauptrollen zu übernehmen. Unter diesen Produktionen befinden sich Filme wie die Sexklamotten Otto ist auf Frauen scharf und Warum hab ich bloß 2x ja gesagt?, bei denen man sich fragen muss, warum Heinz Erhardt sich zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere noch für so was her gibt. Aber er bleibt sich auch hier treu, spielt seinen Part stets einfach unnachahmlich und bildet immer eines der wenigen Lichtpunkte der Produktionen.
Seinen größten Erfolg feiert Heinz Erhardt mit dem Bühnenstück Das hat man nun davon. Es basiert auf dem Lustspiel „Wem Gott ein Amt gibt“ von Wilhelm Lichtenberg und wurde von Heinz Erhardt überarbeitet. In über 700 ausverkauften Vorstellungen bundesweit verkörpert Heinz Erhardt den Finanzbeamten Willi Winzig. Das Stück ist komplett auf Heinz Erhardt zugeschnitten. Er ist die zentrale Figur, Lacher, Gags und Witze gehen so gut wie komplett von ihm aus und seine Schauspielkollegen fungieren eher als Stichwortgeber.
In den Jahren 1970/1971 dreht Heinz Erhardt in Zusammenarbeit mit Horst Wendlandt die vier sogenannten „Willi-Winzig-Filme“, auch wenn er nur in zweien dieser Filme diesen Namen tatsächlich trägt. Der erste Film Was ist denn bloß mit Willi los? ist dabei die Kinoadaption seines vorgenannten Bühnenstücks Das hat man nun davon. Die folgenden Filme bauen inhaltlich nicht darauf auf und haben eine eigenständige Handlung.
Am 11. Dezember 1971 erleidet Heinz Erhardt einen Schlaganfall, von dem er sich leider zeitlebens nicht mehr erholen soll. Die Krankheit raubt ihm seine Lebensgrundlage, sein wichtigstes Arbeitsmittel und Werkzeug; seine Sprache. Zwar kann er weiterhin lesen und alles verstehen, was seine Mitmenschen sagen. Jedoch kann er ab sofort weder sprechen noch schreiben.
Heinz Erhardt zieht sich ins Privatleben zurück und tritt für den Rest seines Lebens kaum noch in die Öffentlichkeit.
Ab Ende 1978 steht Heinz Erhardt dann doch noch mal vor der Kamera. Sein Sohn Gero, sein Schwiegersohn Jürgen Haacker und er schreiben das Drehbuch für die Verfilmung seiner komischen Oper, die er bereits in den 1930ern verfasste. Zahlreiche Freunde und Weggefährten übernehmen eine Rolle in der Produktion Noch 'ne Oper. Heinz Erhardts Stimme aus früheren Hörfunkaufnahmen ist zu hören, er selbst hat einen kurzen Gastauftritt ohne Text. Der Film hat am 21. Februar 1979 im ZDF Premiere, einen Tag nach seinem 70. Geburtstag.
Am 01. Juni 1979 wird Heinz Erhardt das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Vier Tage später, am 05. Juni 1979, stirbt Heinz Erhardt in seinem Haus in Hamburg-Wellingsbüttel. Weiterführende Links: Internet Movie Database
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